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Dicke Luft am Neujahrsmorgen? – Analyse der Feinstaubdaten 2023/24

Im Nachgang des letzten Jahreswechsels berichteten verschiedene Medien über „dramatische Höchstwerte bei gesundheitsschädlichen Luftschadstoffen“. Tatsächlich zeichnete sich das Silvesterfest 2023/24 durch besonders niedrige Feinstaubkonzentrationen sowie eine sehr kurze Verweildauer dieser aus. Im Folgenden haben wir genau hingeschaut und die Daten des deutschen Luftmessnetzes unter die Lupe genommen: 

Hintergrund: Was man über Feinstaub wissen sollte

Was ist Feinstaub?

Als Feinstaub bezeichnet man feste und flüssige Schwebepartikel bis zu einem Durchmesser von 10 µm (PM10). Sie stammen aus natürlichen (bspw. Pollen, Pilzsporen, Meersalz, Saharastaub) und menschengemachten Quellen (bspw. Schüttgutumschlag, Straßenverkehr, Holzfeuerung) sowie aus Reaktionen verschiedener Gase, die ihren Ursprung meist im Straßenverkehr und in der Landwirtschaft haben. Das Umweltbundesamt spricht bei einer Konzentration von bis zu 35 μg/m3 von „guter Luftqualität“. Im Jahresdurchschnitt liegt die Feinstaubkonzentration im Bundesgebiet bei 15-20 μg/m3 – dieser Wert kann somit als „Feinstaub-Grundrauschen“ bezeichnet werden.

Ist Feinstaub gefährlich?

Die gesundheitliche Relevanz von Feinstaub hängt von dessen Beschaffenheit ab. Als besonders problematisch gelten Rußpartikel, die bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Materialien (Kraftstoffe, Holz, Kohle, etc.) entstehen. Diese sind biobeständig, das heißt sie lagern sich innerhalb des Körpers ab, können nicht abgebaut werden und tragen zu Atemwegs-, Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen bei.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt fest, dass für eine genaue Beurteilung der verschiedenen Feinstäube und ihrer gesundheitlichen Auswirkung zu wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Ein Grund dafür sind die hohen Kosten spezialisierter Messtechnik. Solange keine genaueren Erkenntnisse vorliegen, rät die WHO vorsorglich dazu, insbesondere dauerhaft hohe Konzentrationen aller Feinstäube grundsätzlich zu vermeiden.

Welche Grenzwerte gibt es?

Die deutsche Gesetzgebung kennt zwei Grenzwerte für PM10-Feinstaub in der Außenluft: 50 μg/m3 im Tagesmittel und 20 μg/m3 für das Jahresmittel. Aus obengenannten Gründen wird dabei angenommen, dass die verschiedenen Staubarten identische Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Für Arbeitsplätze gilt außerdem ein allgemeiner Staubgrenzwert (AGW) von 1.250 µg/m³. Dieser bezieht sich auf wesentlich kleinere biobeständige Stäube ohne spezielle toxische Wirkung mit einem Durchmesser von bis zu 3 µm (PM3) sowie einen Zeitraum von 8 Stunden.

Und der Feinstaub aus Feuerwerk? 

Die Effektsätze von Feuerwerkskörpern bestehen vor allem aus Kaliumnitrat, Schwefel, Holzkohle und verschiedenen Metall-Nitrat-Verbindungen. Diese reagieren unter hohen Temperaturen miteinander und erzeugen dabei die gewünschten visuellen und / oder akustischen Effekte. Wie bei jeder Verbrennung entsteht dabei auch Staub. Da neben der Holzkohle kaum kohlenstoffhaltige Materialien zum Einsatz kommen, besteht dieser Staub überwiegend aus wasserlöslichen, also nicht biobeständigen Salzverbindungen.

Da es bei Feuerwerken nur zu sehr kurzzeitig erhöhten Feinstaubkonzentrationen kommt, sind die oben genannten Grenzwerte zur Beurteilung der etwaiger gesundheitlicher Auswirkungen nur bedingt aussagekräftig. Mit Blick auf den Jahreswechsel 2023/24 nutzen wir im Folgenden zwei verschiedene Referenzpunkte: 50 μg/m3 als Grenzwert für 24 Stunden („erhöhte Werte“) und 35 μg/m3 („gute Luftqualität“). 


Drei Fragen & Antworten zum Jahreswechsel 2023/24

Wie hoch war die Feinstaubkonzentration in der Silvesternacht? 

Die Stationen des deutschen Luftmessnetzes registrierten in der ersten Stunde nach dem Jahreswechsel eine durchschnittliche Maximalkonzentration des PM10-Staubs von rund 115 µg/m³ – es war der niedrigste Durchschnittswert dieser Art in den letzten 12 Jahren (die Jahreswechsel 2020/21 und 2021/22 ausgenommen; hier herrschte während der Corona-Pandemie ein Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk). Der allgemeine Staubgrenzwert (AGW) wurde an keiner einzigen Station überschritten. Im Durchschnitt betragen die Maximalkonzentrationen in der ersten Stunde des neuen Jahres rund 197 µg/m³ (s. unten). 

 

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Durchschnittliche Feinstaubkonzentrationen zum Jahreswechsel
(Darstellung: bvpk; Daten: Umweltbundesamt)


Wie lange hielten hohe Feinstaubkonzentrationen an?

Bereits um 02:00 Uhr fiel die durchschnittliche PM10-Konzentration auf unter 50 µg/m³ und um 03:00 Uhr auf unter 35 µg/m³. Zu diesem Zeitpunkt war eine „gute Luftqualität“ im Durchschnitt wiederhergestellt. Verantwortlich dafür war vor allem die windige und feuchte Wetterlage. Auch in früheren Jahren war dies jedoch meist bei Tagesanbruch der Fall (s. oben). 

Die Zahl der Stationen mit erhöhten Werten über 50 µg/m³ lag um 01:00 Uhr bei 196 von rund 350 und sank bis um 06:00 Uhr auf null. Mit Ausnahme von nur drei Stationen war gute Luftqualität, hier definiert als Konzentrationen von weniger als 35 µg/m³, bereits eine Stunde später auch flächendeckend wiederhergestellt (s. unten). 

 

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Normalisierung der Feinstaubkonzentrationen nach dem Jahreswechsel 2023/24
(Darstellung: bvpk; Daten: Umweltbundesamt)

 

Was bedeutet dies für den Tagesgrenzwert? 

Der Grenzwert für den Tagesdurchschnitt von 50 µg/m³ wurde an lediglich fünf Stationen (3 in Berlin, 2 in Dresden) überschritten. Bei rund 360 Stationen entspricht dies weniger als 2%. Die an diesen Stationen gemessenen Überschreitungen des Grenzwerts kommen durch die Konzentrationsspitzen in den ersten Stunden des Jahres zustande (siehe oben). Eine über 24 Stunden konstante Exposition gegenüber Feinstaubkonzentrationen von mehr als 50 µg/m³ hat an keinem Ort bestanden


Wie auf den u. s. Karten des Umweltbundesamts zu sehen, kam es während des Jahres 2023 auch ohne Feuerwerk zu höheren und großflächigeren Überschreitungen dieses Grenzwerts als in der Silvesternacht. 
 

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Räumliche Modellierung der durchschnittlichen Feinstaubkonzentrationen (24 Stunden) am 01.01.2024 (Darstellung und Daten: Umweltbundesamt)

 

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Räumliche Modellierung der durchschnittlichen Feinstaubkonzentrationen (24 Stunden) am 11.09.2023 (Darstellung und Daten: Umweltbundesamt)


Fazit

Im Kontext von Feuerwerken auch an Feinstaub zu denken, ist nicht aus der Luft gegriffen. Realistische Beurteilungen der gesundheitlichen Auswirkungen bedürfen jedoch einer detaillierten und kontextualisierten Betrachtung. 


Während des Jahreswechsels 2023/24 normalisierten sich die Feinstaubkonzentrationen bereits weit vor Anbruch des Neujahrstags. Da sich die meisten Silvesterfeiern kurz nach dem Jahreswechsel in Innenräumen abspielen, ist die menschliche Expositionszeit gegenüber erhöhten Feinstaubkonzentrationen grundsätzlich auf einige Minuten bis hin zu wenigen Stunden begrenzt. Da vor allem langfristig hohe Feinstaubkonzentrationen als gesundheitlich problematisch zu bewerten sind, empfiehlt auch das Umweltbundesamt kein Verbot des Silvesterfeuerwerks aus Gründen der Luftreinhaltung


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