Wie ehrlich argumentiert die Deutsche Umwelthilfe gegen Feuerwerk?

feuerwerk und umwelt

Wie ehrlich argumentiert die Deutsche Umwelthilfe gegen Feuerwerk?

Auch in diesem Jahr lässt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ihre Kampagne zur Skandalisierung des individuellen Silvesterfeuerwerks wieder aufleben. Sie fordert ein vollständiges Verbot von Silvesterfeuerwerk.

Die DUH spricht zum Kampagnenauftakt dabei von einem "breiten Aktionsbündnis" - dieses entpuppt sich jedoch als Sammelsurium einzelner Akteure und ihrer teils diffusen Einzelmeinungen. Auffällig ist dabei, dass die jeweiligen Einschätzungen nicht wissenschaftlich belegt werden oder ein Bezug zur quantitativen Datenlage erkennbar wird. Die DUH und ihr "Aktionsbündnis" stellen also vor allem Behauptungen in den Raum, die nicht mit Zahlen und Daten belegt werden, sondern denen mit emotionalisierten Aussagen Nachdruck verliehen werden soll.

Wir haben uns die Aussagen aus der Pressemitteilung der DUH vom 15.11.2021 genauer angeschaut und ihnen anhand der verfügbaren Daten zur Umweltbelastung von Feuerwerk unsere Einschätzung gegenübergestellt.

 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

"Der falsche Umgang mit Böllern und Raketen führt zu teils schweren Verletzungen in der Silvesternacht. [...] Das Aktionsbündnis fordert [daher] frühzeitig ein bundesweites Verkaufsverbot für Silvesterböller und -raketen und zudem ein bundesweites Böllerverbot für die Silvesternacht. Nur so kann angesichts der anhaltenden Covid-19-Pandemie verhindert werden, dass Ärzte, Pflegekräfte und Krankenhäuser überlastet werden.”

 

Einschätzung des BVPK

Für den deutschen Markt zugelassenes Kleinfeuerwerk unterliegt strengen behördlichen Qualitätskontrollen. Es stimmt also, dass die meisten Verletzungen mit Feuerwerkskörpern auf den falschen Umgang mit ihnen zurückzuführen sind. Bei korrekter Anwendung ist Silvesterfeuerwerk sicher. 

Da die große Mehrheit der Feuerwerksfreund:innen verantwortungsbewusst handelt, stellt Silvesterfeuerwerk keine signifikante Mehrbelastung für das Gesundheitssystem dar: Laut Berlins größtem Krankenhausträger sind nur 5% aller Notfallaufnahmen einer Silvesternacht auf Feuerwerk zurückzuführen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat Feuerwerk bereits im letzten Jahr als nachrangig für die Auslastung der Notaufnahmen bezeichnet. Übermäßiger Alkoholkonsum und Konflikte sind die weitaus größeren Probleme. 

Dass sich eine Überlastung von Ärzten, Pflegekräften und Krankenhäusern nur durch ein Feuerwerksverbot verhindern ließe, muss also ins Reich der Fabel verwiesen werden. 

Schwere Verletzungen mit Feuerwerk sind selten und werden meistens durch illegal verkauftes Profi-Feuerwerk verursacht. Bereits im vergangenen Jahr war zu beobachten, dass ein Verbot des Silvesterfeuerwerks den Schwarzmarkt für Profi-Feuerwerk fördert. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Verbot von Feuerwerk nicht geeignet, um das Gesundheitssystem zu entlasten.

Quellen: RND, Vivantes, BDK 2021 





Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

„An keinem anderen Tag im Jahr ist die Feinstaubbelastung so hoch wie an Silvester! [...] Die Messdaten rund um die Silvesternacht zeigen regelmäßig Jahres-Höchstwerte. PM10 Stundenwerte von 1.000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft (µg/m³) sind Normalität. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 betrug die mittlere PM10-Konzentration der städtischen Messstationen in Deutschland circa 18 µg/m³."

 

Einschätzung des BVPK

Tatsächlich kann es in Folge des Silvesterfeuerwerks zu hohen Feinstaubkonzentrationen kommen. Es handelt sich jedoch keineswegs um einen Tag mit einzigartig hoher Belastung. In fast jedem Jahr finden sich feuerwerksfreie Tage mit ähnlichen oder auch höheren Feinstaubkonzentrationen. Ein Beispiel:

2018 01 01  2018 02 09

 

Ebenso sind Stundenmittelwerte von 1.000 µg/m³ in der Silvesternacht nicht Normalität, sondern absolute Ausnahme: Die Messstationen des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeichneten derart hohe Werte insgesamt 26 mal auf - verteilt über alle vergangenen Jahreswechsel seit 2010. 

Ein genauerer Blick auf die Daten des Umweltbundesamtes zeigt außerdem: Die hohen Feinstaubkonzentrationen lösen sich schnell wieder auf. Karte 1 zeigt die durchschnittliche Feinstaubkonzentration in der ersten Stunde des Jahres 2018. Bereits zwei Stunden später (Karte 3) befindet sich diese fast flächendeckend wieder unter 20 µg/m³ - und damit auf dem Niveau des Jahresmittel (18 µg/m³). Der Vergleich von Stunden- mit Jahresmittelwerten lässt die Feinstaubemissionen von Silvesterfeuerwerk also dramatischer erscheinen als sie eigentlich sind.

2018 01 01 01 00  2021 01 01 02 00  2021 01 01 03 00

 

Je nach Wetterlage, können sich erhöhte Feinstaubkonzentrationen im Nachgang des Silvesterfeuerwerks durchaus auch länger halten. In aller Regel wird im Laufe des Neujahrsmorgens jedoch wieder das Normalniveau erreicht.

Quellen: UBA 2021, UBA 2021, LfU 2021

 

 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

“Bei Menschen trägt die extreme Luftbelastung mit Feinstaub und anderen Schadstoffen zum Jahreswechsel zu akuten wie chronischen Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei. Feinstaub auch aus Feuerwerk ist ein Luftschadstoff mit massivsten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. [...] Für Millionen von Asthmatikerinnen und Asthmatiker beginnt jedes Jahr daher mit mehrtägigen Beschwerden.”

 

Einschätzung des BVPK 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt dauerhaft hohe Feinstaubkonzentrationen als weitaus relevanter für die Entstehung von Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein, als kurzfristig erhöhte Werte. Des Weiteren gilt es zwischen verschiedenen Feinstäuben zu differenzieren: “massivste Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit” sind vor allem bei Rußpartikeln aus der Treibstoff- und Holzverbrennung nachgewiesen. 

Hohe Konzentrationen von Feinstaub aus Feuerwerk, wie sie an einigen zentralen Orten in Ballungsräumen auftreten, können bei Asthmatiker:innen und Menschen mit anderen Atemwegserkrankungen zwar durchaus zu Beschwerden führen. Statistische Belege für “mehrtägige Beschwerden bei Millionen Asthmatiker:innen” in Deutschland gibt es allerdings nicht. 

Quellen: WHO 2021, Helmholtz Zentrum München 2019



 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

"Die WHO hat uns diesen September mit der Veröffentlichung drastisch abgesenkter Luftgrenzwerte klargemacht, dass die jährlich wiederkehrende, extrem hohe Belastung der Atemluft mit Feinstaub vermieden werden muss."

 

Einschätzung des BVPK

Tatsächlich hat die WHO im September ihre Empfehlungen für Grenzwerte der durchschnittlichen Feinstaubkonzentrationen angepasst. Anstelle von 20 µg/m³ pro Jahr bzw. 50 µg/m³ pro Tag gelten nun 15 µg/m³ bzw. 45 µg/m³ pro Tag als erstrebenswerte Obergrenzen. Es handelt sich also um eine eher moderate Anpassung der Empfehlungen 

Die Jahres- und Tagesmittel sind für die Gesundheitsvorsorge besonders relevant, denn laut WHO sind dauerhaft hohe Feinstaubwerte gefährlicher als kurzfristig erhöhte. Auf den Jahresmittelwert hat Silvesterfeuerwerk nur minimalen Einfluss, denn der dabei entstehende Feinstaub wird nur einmalig und nicht (wie die meisten anderen Feinstaubquellen) über das ganze Jahr verteilt ausgestoßen. Auch die Tagesmittelwerte an Neujahr werden durch die extrem kurzlebigen Konzentrations-Spitzen in den ersten Stunden nach Mitternacht verzerrt. 

Quellen: WHO 2021



 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

"Darüber hinaus produzieren Böller und Feuerwerkskörper an Silvester riesige Müllberge. In den fünf größten deutschen Städten (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main) haben kommunale Unternehmen laut dem Verband Kommunaler Unternehmen zum Jahreswechsel 2017 rund 191 Tonnen Silvesterabfall entsorgt. [...] Ein großer Teil der Feuerwerküberreste landet in Gewässern, auf Grünflächen oder in Waldgebieten, wo sie entweder gar nicht oder nur mühsam und unvollständig eingesammelt und entsorgt werden können.”

 

Einschätzung des BVPK

Der Verband kommunaler Unternehmen berichtet von 191 Tonnen Müll in den fünf größten Städten Deutschlands - zusammen. Dass bei kulturellen Großereignissen Müll hinterlassen wird, gilt aber nicht nur für Silvester. Der Kölner Karneval allein produziert bspw. rund 500 Tonnen Abfall. 

Wichtig ist auch, wie der Müll beschaffen ist und ob er korrekt entsorgt wird. Feuerwerkskörper bestehen zu 90% aus biologisch abbaubaren Materialien wie Papier, Ton oder Holz. Die Hersteller der pyrotechnischen Erzeugnisse haben bereits Lösungen entwickelt, um den geringen Kunststoffanteil weiter zu reduzieren. 

Feuerwerksreststoffe fallen vor allem dort an, wo Feuerwerk abgebrannt wird. Dabei handelt es sich überwiegend um Wohngebiete mit einem hohem Versiegelungsgrad und fachgerechte Entsorgungsmöglichkeiten über Hausmüll und Straßenreinigung. Dass ein “großer Teil der Feuerwerksüberreste” in Wäldern und Gewässern landet, ist daher unwahrscheinlich. 

Quellen: VKU 2018, VKU 2019, VPI

 

 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

"Rund die Hälfte aller Hunde fürchtet sich vor Lärm, denn sie sind mit wesentlich empfindlicheren Hörorganen ausgestattet. [...] Dabei reagieren [Hunde] unterschiedlich auf den Stress: von ängstlich bis panisch, nicht selten versuchen sie, der Situation zu entfliehen. [...] Dabei halten Angstsymptome häufig noch Wochen nach dem Jahreswechsel an. [...] Radar-Messungen in den Niederlanden haben gezeigt, dass Vögel an Silvester zu Tausenden in große Höhen aufsteigen, wo sie sich kaum orientieren können.”

 

Einschätzung des BVPK

Tatsächlich reagieren Tiere und auch Hunde unterschiedlich auf Feuerwerk. Die Spannbreite reicht aber nicht nur von ängstlich bis panisch, sondern auch zu leichter Wachsamkeit oder absolutem Desinteresse.

 

 

Studien der Universität Bern zeigen jedoch, dass rund zwei Drittel von über 1.200 teilnehmenden Tieren während oder kurz nach dem Feuerwerk keine Angstsymptome aufweisen. Bei 90% der Tiere normalisierte sich das Verhalten spätestens im Laufe des Neujahrstags. Dass Angstsymptome noch Wochen nach dem Jahreswechsel anhalten, geschieht daher nicht häufig, sondern sehr selten. Präventives Training und spontane Gegenkonditionierung können die Lärmtoleranz der Tiere wirksam unterstützen.

Auch die genannte Studie zum Verhalten von Vögeln in einer Silvesternacht in den Niederlanden belegt, dass fast alle Tiere spätestens eine Stunde nach Mitternacht wieder einen Schlafplatz aufsuchen. Über etwaige Orientierungsprobleme trifft die Studie keine konkreten Aussagen, höchstens Mutmaßungen. 

Quellen: Riemer 2019, Riemer 2020, Shamoun-Baranes et al. 2011

 

 

Darstellung der Deutschen Umwelthilfe

“Das Ende der der archaischen Böllerei an Silvester ist schon längst überfällig. Ein Böllerverbot wird von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung unterstützt und es gibt immer mehr Organisationen, die sich hinter die Forderung stellen – wie unser breit aufgestelltes Aktionsbündnis dieses Jahr zeigt.”

 

Einschätzung des BVPK

Der Begriff “archaisch” suggeriert, dass es sich bei Silvesterfeuerwerk um einen vormodernen, primitiven oder gar brutalen Akt handle. Einem lebendigen und beliebten Brauchtum wie Silvesterfeuerwerk wird das nicht gerecht: Indem wir den Himmel zum Leuchten bringen, teilen wir unsere Freude über die Verabschiedung des alten Jahres sowie unsere Hoffnung auf bessere Zeiten. Dabei erlaubt Silvesterfeuerwerk die aktive Teilhabe an einer Kulturpraktik, welche uns mit Millionen Menschen auf der ganzen Welt verbindet. 

Es stimmt: Einmal im Jahr laut sein zu dürfen, ist fester Bestandteil des Silvesterfests. Feuerwerk ist aber nicht nur laut, es ist auch farbenfroh und elegant. Knallkörper machen lediglich 4% des jährlichen Silvesterverkaufs aus. Das ganze Silvesterfeuerwerk als sog. „Böllerei“ zu betiteln, ist ein Versuch die vielfältigen persönlichen Beweggründe von Millionen von Menschen, die sich für Feuerwerk begeistern, zu banalisieren.

Bereits der Blick über die Dächer in der Silvesternacht spricht eine klare Sprache: Silvesterfeuerwerk genießt nach wie vor große Popularität in der Bevölkerung. Umfragen, die eine Mehrheit der Bevölkerung für ein Feuerwerksverbot belegen sollen, wurden entweder bloß online durchgeführt und berücksichtigen damit einen Teil der Bevölkerung gar nicht oder bezogen sich auf die Corona-Situation des letzten Jahres und haben damit keine Aussagekraft über die generelle Zustimmung der Bevölkerung zu Feuerwerk. In einer telefonisch durchgeführten - und damit wissenschaftlichen Standards der empirischen Sozialforschung entsprechenden - Befragung des Forsa-Instituts positionieren sich 80% der Befragten gegen ein Verbot. 

Quellen: VPI 2021, YouGov 2018, Forsa/Röder Feuerwerk 2021, Rainer Schnell, Uni Duisburg 2018

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