19. November 2023
Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte!
Bauhaus-Manifest von Walter Gropius, 1919
Was ist Feuerwerk? Ist es Handwerk? Oder ist es Kunst? Durch die Brille des Bauhaus ist diese Frage leicht beantwortet: Selbstverständlich beides! Wie keine andere Bewegung in Kunst, Design, Architektur und Handwerk wurde am Bauhaus die Einheit von Kunst, Handwerk und Technik propagiert. Ohne die handwerklichen Grundlagen ist künstlerische Betätigung nicht möglich – Anlass genug für Bauhaus-Gründer Walter Gropius, seinen Kolleginnen und Kollegen in Architektur und Kunst zu verordnen: Zurück in die Werkstatt, zurück zum Handwerk!
Der Grundsatz der Einheit von Kunst und Technik gilt auch für das Feuerwerk. Ohne genaue Kenntnis der technischen Grundlagen ist es undenkbar. Ohne den künstlerischen Ausdruck, die Gestaltung und den Bezug zur Welt bleibt es leer. Sich nicht auf- und einteilen zu lassen in Sparten wie “Handwerk” oder “Kunst”, sondern in Praxis und Theorie immer darauf zu bestehen, diese beiden Aspekte nicht voneinander zu trennen sind, sollte auch Leitbild der heutigen Feuerwerkerei sein – egal ob im Amateur- oder im professionellen Bereich.
Und am Bauhaus selbst? Über hundert Jahre nach der Gründung dieser bis heute wichtigen Institution besteht dort der Anspruch der Einheit von Kunst und Technik fort. Und: Auch Feuerwerk spielt in der universitären Lehre eine Rolle. Schon 2015 fand an der Weimarer Bauhaus-Uni unter dem Titel Schall und Rauch eine Lehrveranstaltung zu Feuerwerk statt. Und im vergangenen Sommersemester war Feuerwerk wieder Bestandteil des Lehrprogramms. Diesmal beschäftigten sich Studierende der Architektur mit Feuerwerk – und legten ganz selbstverständlich selber Hand an.
Die barocke Architektur- und Feuerwerkstradition wurde bereits vor rund hundert Jahren von einem Bauhaus-Schüler aufgegriffen und künstlerisch angeeignet: Zur Bauhaus-Ausstellung 1923 entwarf der Maler Kurt Schmidt mehrere Feuerwerksstücke nach barockem Vorbild, umgesetzt im nüchternem Bauhaus-Stil. An diese runde hundertjährige Tradition der Auseinandersetzung mit Feuerwerk am Bauhaus knüpfte auch das jetzige Lehrprojekt an.
Historischer Bezugspunkt der Lehrveranstaltung waren die sogenannten Feuerwerksarchitekturen des Barock, eine Epoche, in der Feuerwerk, Architektur und Theater weit enger miteinander verwoben waren, als das heute der Fall ist. Für die damaligen Feuerwerksinszenierungen wurden aufwändige temporäre Architekturen entworfen und gebaut, die über und über mit Feuerwerkskörpern bestückt wurden. Kunstwerke schon bei Tageslicht, durchliefen die Aufbauten selbst während des Feuerwerkschauspiels eine Metamorphose – gleichermaßen Bühne und Protagonist des feurigen Spiels. Nicht selten wurden diese Bauten als Teil der Dramaturgie des Feuerwerks gezielt in Brand gesetzt oder zum Einsturz gebracht.
Idee und Prinzip der Feuerwerksarchitektur wurde von den Studierenden in Weimar, angeleitet von Architekt und Feuerwerker Friedrich Barth, wiederbelebt und in eine kontemporäre Ästhetik übersetzt. Sowohl in technischer als auch in künstlerischer Hinsicht folgte dieses Unterfangen einem der wichtigsten Prinzipien des Bauhaus im Speziellen, aber auch der Künste und Wissenschaft im Allgemeinen: dem Experiment – wichtigem Motor allen Fortschritts. Das bedeutet: Sich von Neugierde leiten lassen, Neues wagen und vor allem: Nicht wissen, welchen Ausgang das Vorhaben nehmen wird.
Für Teil zwei der Doku-Reihe des bvpk über Feuerwerkskultur haben wir die Studierenden und Lehrenden in Weimar kurz vor Abschluss des Projekts begleitet. Zum Auftakt der Jahresschau der Universität, der sogenannten summaery, wurde das Experiment im Juli diesen Jahres präsentiert – mit unerwartetem und geradezu dramatischem Ausgang!
Das Lehrprojekt an der Weimarer Bauhaus-Universität ist ein Stein im großen Mosaik Feuerwerkskultur im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus. Mit der Doku-Reihe über verschiedene Aspekte von Feuerwerkskultur in Deutschland und weltweit gewährt der bvpk Einblicke und transportiert die Vielfalt der Feuerwerkerei in die Öffentlichkeit.
Wir danken allen Mitgliedern im bvpk, die mit ihren Beiträgen die Dokumentation von Feuerwerkskultur ermöglichen. Ein ganz besonderes Dankeschön gilt unseren 296 Fördermitgliedern, ohne die diese Doku-Reihe nicht denkbar wäre.
Übrigens: In Teil l der Doku-Reihe dokumentierte der bvpk die Alte Pulvermühle in Freiberg - das älteste erhaltene Werk für die Produktion von Feuerwerkskörpern in Deutschland. Hier gibt's mehr Infos dazu und hier geht's direkt zum Video.
Und: Auch die aktuelle Ausgabe der Reihe gibt es neben Vimeo auch auf Youtube - hier entlang!
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