13. Dezember 2024
Am Abend des 18.12.2024 wird es heiß im Berliner Kulturforum: Unter dem Motto „Feuerwerk konträr” diskutieren Vorstandsmitglieder des Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk e.V. mit der Kuratorin der Ausstellung „Durchgeknallt und Abgebrannt” und einem Vertreter der „Deutschen Umwelthilfe” das Kulturgut Feuerwerk sowie die Ausstellung. Mit seiner grundlegenden Kritik an der Schau hatte der bvpk zuvor eine Kontroverse um die Kurationspraktik an der Kunstbibliothek ausgelöst.
Mit einem umfassenden Brief an die Direktion der Kunstbibliothek hatte der bvpk Aspekte der Ausstellung vor ihrer Eröffnung kritisiert. „Die Ausrichtung der Schau durchkreuzt die in den Leitlinien der Stiftung Preußischer Kulturbesitz formulierten Werte, indem sie eine lebendige Kulturpraktik musealisiert, dabei einseitig darstellt und Feuerwerkerinnen und Feuerwerker als Träger lebendigen Wissens aus der Verhandlung ausschließt“, sagt Ingo Schubert als Vorstandsmitglied des Vereins. „Statt eine akademisch anspruchsvolle Aushandlung unter Einbindung der relevanten Akteure zu wagen, gerät die Kunstbibliothek zur Kampagnenplattform. Die Kuration stellt einfache Antworten über das komplexe und wissenschaftsgeleitete Bearbeiten eines vielschichtigen gesellschaftlichen Phänomens. Damit verletzt die Kunstbibliothek ihren öffentlichen Auftrag eklatant“, kommentiert Schubert.
Noch vor der Eröffnung der Ausstellung teilte die Kunstbibliothek mit, dass Stimmen und Positionen aus der Feuerwerkspraxis in Ausstellung und Rahmenprogramm keinerlei Platz finden sollten. Gleichzeitig wird der „Deutschen Umwelthilfe“ als fachfremder Organisation tiefer Eingriff in die Gestaltung der Schau geboten. Die DUH betreibt seit 2018 eine aggressive Kampagne gegen Feuerwerk. Diese fußt auf verkürzten und verzerrten Darstellungen des Umwelteinflusses von Feuerwerk und verstößt gegen Richtlinien ethischer Kampagnenarbeit. „Ein gelungenes Ausstellungsprojekt wirkt als epistemologisches Sonarsystem, das den Tiefenraum von Geschichte, Gegenwart und Zukunft gesellschaftlicher Praktiken auslotet und dadurch den Möglichkeitshimmel neuer Erkenntnisse aufspannt. Die einseitige Herangehensweise der Kunstbibliothek unterminiert die ernsthafte akademische Auseinandersetzung mit einem vielschichtigen und ambivalenten gesellschaftlichen Phänomen”, kritisiert Schubert.
Feuerwerk erfreut sich in seinen vielfältigen Formen auch heute einer enormen Beliebtheit. Während Renaissance und Barock war Feuerwerk Mittel zur Demonstration von Macht und Herrschaft. Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts durchlebte es eine Emanzipation: Mit Kleinfeuerwerk zum Selberzünden schwand das feudale Privileg und wurde nach und nach dem Bürgertum, Schaustellenden und Arbeiterklasse zugänglich. Erst 1977 wurde das Kleinfeuerwerk in Deutschland gesetzlich auf den Jahreswechsel begrenzt und damit in 364 Nächten im Jahr verboten. Es markiert seitdem einen besonderen Moment der Ausnahme und wurde zum Symbol der Belohnung und Kompensation für Geleistetes und Erlebtes. „Einmal im Jahr selbst die Funken sprühen zu lassen, birgt für viele Menschen eine ganz besondere Faszination. Mit dem individuellen und dennoch kollektiven Feuerwerk zum Jahreswechsel entsteht für kurze Zeit ein sozialer Resonanzraum. Millionen Menschen spüren ein Gefühl von Gemeinschaft, wenn sie zum Jahreswechsel gemeinsam in den farbig erleuchteten Nachthimmel schauen. Diese Momente sind in stark individualisierten Gesellschaften der Spätmodernde selten und von hohem Wert“, sagt Schubert.
„Feuerwerk zum Jahreswechsel ist heute Sinnbild eines kurzzeitigen Bruchs mit den Paradigmen von Zweckrationalität, Pragmatismus und Ruhegebot. Diese kurze, kollektive Ausnahme kommt in weltweit in vielen Kulturen vor und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Schubert. „Bei den Verbotsforderungen geht es nicht um Umwelt- oder Gesundheitspolitik. Hier geht es um Kulturpolitik von oben: Eine gesellschaftlich wirkmächtige Minderheit will den Menschen vorschreiben, was legitime Festkultur ist. Dafür soll eine Kulturpraktik ausgemerzt werden, die nicht den eigenen ästhetische Präferenzen entspricht. Wer ein Verbot für die einzige Feuerwerksnacht im Jahr fordert, ist getrieben von Intoleranz und dem Verlangen nach totaler Ruhe und Ordnung“, schließt Schubert.
Podiumsdiskussion am 18.12.2024, 18h im Foyer des Berliner Kulturforum
Es diskutieren unter der Moderation von Dr. Moritz Wullen, Leiter der Kunstbibliothek:
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